Virtuelle Eindrücke von den Chagall Fenstern im Fraumünster in Zürich
Das Fraumünster
Historisch betrachtet bildet das Fraumünster eine Keimzelle der Stadt Zürich, eine Institution die lange Zeit aktiv an der Stadtgeschichte mit wirkte. Bekannt als Besuchermagnet ist das Fraumünster aber wegen den Glasfenstern, die von dem Künstler Marc Chagall Ende der 60-er Jahre gestaltet wurden.
Durch das Westportal betritt man zunächst einen Vorraum mit Kasse. Ausgestattet mit Ticket, Informationsflyer und Audioguides betritt man nun das Kirchenschiff, leicht erhöht, ein paar Stufen über dem Niveau des Schiffs. Der Kirchenraum breitet sich vor einem aus und die Wahrnehmung wird gefangen vom gegenüberliegenden Chor.
Der erste Eindruck der Chagall Fenster
Über dem Lettner heben sich die drei großen Chorabschlussfenster von Chagall bis ins Gewölbe empor. Blau Grün und Gelb sind die dominierenden Farben, die in dieser Konstellation im kirchlichen Farbenkontext ungewöhnlich sind. Es gibt zwar in den katholischen Liturgiefarben auch Grün, aber eine dominierende Rolle, so wie hier im mittleren und größten der drei Fenster hat die Farbe Grün sonst eigentlich nicht. Ganz offensichtlich hat Grün in der Historie nicht den Stellenwert gehabt, als jetzt in unserer Zeit, in der Grün für das Leben steht. Gänzlich fremd in der Liturgie ist die Farbe Blau, während natürlich das Gelb seine nahe Verwandschaft zum königlichen Gold nicht verleugnen kann. Wie gesagt, also unmittelbar nach dem Betreten des Kirchenschiffs wird der Blick gefesselt von diesen drei Fenstern, deren verbindendes Element rote Details darstellen.
Der Weg zu den Chagall Fenster
Man muss/darf nun durch das ganze Kirchenschiff des Fraumünsters wandeln, geht um den zentral platzierten Taufstein herum und schreitet unter dem Lettner hindurch bis in den Chorraum.
Vis a vis mit den Chagall Fenster
Stühle laden im Chorraum zum sitzen ein. Neben den drei Chorabschlussfenstern entdeckt man jetzt noch zwei weitere Fenster, die von Chagall gestaltet sind. Linkerhand ein Rotes und rechterhand nochmals ein Blaues.
Mit den Erklärungen auf dem Audioguide, den man am Eingang erhalten halt, hält man einen guten Leitfaden in der Hand um die nennenswerten Details der Fenster wahr zu nehmen. Jedes der Fenster behandelt ein eigenes Thema – quasi bildliche Kurzfassungen aus dem Alten und dem Neuen Testament. Die Fenster haben Namen und damit wäre dann auch schon mal das grobe Thema der Darstellung umrissen. Chrisutsfenster, Zionsfenster, Jakobsfenster, Prophetenfenster und Gesetzesfenster sind die Bezeichnungen und es dürfte jetzt nicht überraschen, dass in einer christlichen Kirche natürlich das Christusfenster das größte und prächtigste ist. Es ist das grüne Fenster. Doch wenn man nun direkt vor den Fenstern sitzt und andächtig empor schaut, so merkt man, die monochrome Farbwahrnehmung des ersten Eindrucks stimmt gar nicht, die Fenster sind – jedes für sich – bunt, richtig bunt. Die zusätzlichen Farben zur Grundfarbe betonen Details oder trennen bildliche Sequenzen voneinander.
Der Blickwinkel ist nicht optimal, man muss den Kopf streng in den Nacken legen, aber dennoch bleibt natürlich eine nachhaltige Wirkung. Man empfindet stille, befriedigende innere Freude, entdeckt man im Farbenmeer das eine oder andere Detail. Dann ist es wieder von Vorteil, wenn man die Erläuterungen der Broschüre oder des Audioguides nutzt, damit sich einem auch die tiefere Intension erschließt.
Bevor man weiter geht, lohnt auch einkurzer Blick ins Gewölbe mit sehr sehr vielen roten und blauen Sternen. Viele kleine und insgesamt 32 große, jeweils 8 pro Gewölbefachung.
Giacometti Fenster im Fraumünster
Bevor man aus dem Fraumünster hinausgeht sollte man noch das Fenster über dem Schriftenstand betrachten. Es ist nicht von Chagall, sonder von Augusto Giacometti. Die bunte Scheiben sind in das gotische Masswerk eingepasst und sprengen dies quasi mit gewaltiger Farbigkeit. Die Figürlichkeit ist eigentlich traditionell und könnte tatsächlich auch aus der großen Zeit der Kirchenfenster stammen, aber die gewaltige Farbigkeit findet sich in keiner historischen Kirche wieder und zeigt dieses Fenster als Werk aus der Mitte des 20. Jahrhunderts.
Und die Fotos?
Zu Recht wird man auf meinen sonst reich bebilderten Beiträgen Fotos von den Chagall Fenstern vermissen. Aber bei etwas Recherche im Internet wird man feststellen, dass es um Fotografien der Chagall Fenster im Fraumünster ganz schlecht bestellt ist (zum Beispiel völlige Fehlanzeige bei Wikimedia Commons).
Die Gründe dafür: Zum einen besteht im gesamten Münster ein Fotografierverbot, aber wesentlich gewichtiger ist der Umstand zu werten, dass eine Veröffentlichung von Fotografien nur gegen stattliche Gebühr an die Urheberrechtsgessellschaft Pro Litteris möglich ist – und somit für viele Webseitenbetreiber uninteressant ist. Ich habe mich deshalb entschieden wortreich Bilder für das geistigen Auge zu projzieren, denn lohnenswert ist es allemal die Chagall Fenster anzuschauen und deshalb gehört auch ein Eintrag ins Logbuch Schweiz.