Wanderung entlang der Suone „Grand Bisse de Lens“
Der Name spricht Bände – Grand Bisse de Lens, die große Suone von Lens. In der Tat, rund 13,5 Kilometer kann man entlang der Wasserleitung von der Fassung im Tal der Liène bis zum endgültigen Ausfluss in den Speichersee von Chermignon d‘en bas wandern. Groß ist nicht nur die Länge, großartig ist auch der Verlauf der Bisse, die vor allem während der ersten Kilometer beeindruckende Passagen in senkrechten Felswänden aufzuweisen hat. Großartig sind auch die Ausblicke, die man von der 500 Meter über dem Talboden gelegenen Suone ins Rhonetal nach Sion und Sierre, sowie ins Val d‘Herens hat.
Allgemeine Infos zu den Suonen im Wallis gibt es hier. Übrigens, im Oberwallis spricht man vom Suonen, im französischsprachigen Unterwallis hingegen von Bisse. Gemeint ist beides mal dasselbe.
Lage und Anreise zur Grand Bisse de Lens
Die Grand Bisse de Lens befindet sich am nördlichen Talhang des Rhonetals zwischen Sion und Sierre. Die Suone bringt das Wasser aus dem Tal der Liène auf die Felder unterhalb von Crans Montana.
Die Zugänglichkeit im Bereich der Fassung ist nicht optimal. Hier ist es erforderlich dass man denselben Hin- und Rückweg geht, oder eine längere Wanderung von einer Bushaltestelle durch schwieriges Gelände in Kauf nimmt. Deshalb ist die Nutzung eines Taxi- oder Shuttledienst empfehlenswert. Am besten fahren Bekannte oder Freunde, unter denen sich vielleicht auch einer findet, dem diese Wanderung zu anspruchsvoll ist und der gerne den kleinen Dienst des Chauffeurs auf sich nimmt. Auf leidlich gut befestigten Sträßchen kann man nämlich fast direkt bis an die Fassung der Suone fahren. Endpunkt der Fahrt ist eine große Stahlbrücke bei Les Barmes auf 1198 Meter Höhe. Gut 50 Meter unter der Brücke befindet sich der Fluss und somit auch die Fassung der Suone. Dazu bedarf es die Überwindung eines tückischen, steilen Wanderweges, der hinab in die Enge Klamm führt. Bei Niedrigwasser ist die 2020 außer Funktion befindliche Fassung zugänglich. ACHTUNG! Im Oberlauf befindet sich ein Stausee und es drohen selbstverständlich die Gefahren durch plötzlich abgelassen Wassermengen ins Flussbett.
Wer jetzt noch wissen möchte, weshalb es in dieser Abgeschiedenheit eine derart gut gebaute Stahlbrücke gibt, dem kann geholfen werden. In den 80-ers Jahreen des letzten Jahrhunderts, also vor rund 40 Jahren, gab es Überlegungen, dass es zwischen dem Berner Oberland und dem Wallis nicht nur eine direkte Eisebahnverbindung via Tunnel geben sollte, sondern auch eine Straßenverbindung. Genau hier an dieser Stelle wurde ein Sondierungsstollen gegraben um sich mit anstehenden Geologie zu beschäftigten. Eine kluge Entscheidung , denn sehr bald gab es Probleme im näheren Umfeld und das Vorhaben wurde wieder eingemottet. Die mächtige Stahlbrücke und ein Tunnelportal zeugen von dem Vorhaben.
Wanderung entlang der Grand Bisse de Lens
Spektakuläre Passagen gleich zu Beginn
Im Talboden der Liène kann man durch ein kleines Tunnelsystem bis an die Fassung der Suone gelangen. 2020 wurde allerdings kein Wasser gefasst und die Suone blieb auf den ersten zwei Kilometern trocken. Erst danach gab es eine Wassereinspeisung aus der höher gelegenen Bisse du Rho. Wandertechnisch haben es diese zwei Kilometer aber in sich, auch wenn leider im Gerinne gerade kein Wasser plätschert. Hier befinden sich die steilen Felswände in denen für den Begleitweg nur ein schmales Brettergerüst über dem Abgrund vorhanden ist. Dankbar greift man an das bergseitige Führungsseil und je nach persönlicher Schwindelsouveränität fesselt man den Blick an die auf der Bergseite verlaufende Suone oder genießt den Blick in die Ferne und die gähnende Leere unter sich. Nicht schwindelfreie Besucher sollten überlegen, ob sie erst ab Icogne der Grand Bisse du Lens folgen – auch hier gibt es noch durchaus atemberaubende Passagen, die allerdings besser gesichert sind, als auf den ersten beiden Startkilometern.
Hat das Wasser schließlich seinen Platz in der Suone gefunden, verändert sich durch das lebendige Element auch die Qualität der Wanderung. Von der spektakulären Wegführung geht der Fokus mehr auf die kulturhistorischen Anstrengungen, die für die Bewässereung der landwirtschaftlichen Flächen unternommen wurden. An der Suone stößt man auf eine frühere Wärterhütte. Ab und zu gibt es sogar Plätze mit der Möglichkeit zur Rast.
Das Dorf Icogne durchquert man, das Höhenniveau haltend, auf den Straßen. Hier wäre auch die einzige Möglichkeit etwas abseits der Suone in einem Gasthaus einzukehren. Zweckmäßiger ist aber sicher ein zünftiges Vesper am Rand der Suone im schattigen Wald oder mit Panoramablick.
Rundwanderung um den Châtelard Berg entlang der Grand Bisse de Lens
Ab Icogne führt die Grand Bisse de Lens um den Châtelard Berg – mit der Christusstatue obendrauf – herum. An der südlichen Flanke des Châtelard erreicht man einen Wendepunkt, ab dem sich der Weg nun überwiegend im Waldschatten nach Nordosten wendet. Am Scheitelpunkt hat man natürlich das weitreichendste Panorama während der gesamten Wanderung. Seit Icogne sind spürbar mehr Wanderer unterwegs. Lässt sich doch die Umrundung des Châtelard problemlos als überschaubare Rundwanderung gestalten, wenn man direkt durch Lens nach Icogne zurück kehrt (bzw. Lens als Startort wählt).
Spätestens ab dem Scheitelpunkt sind die anspruchsvollen Passagen vorüber und der Weg gestaltet sich nun als gemütlicher Spazierweg. Ab Lens kommt man dann so allmählich auch in das Verbrauchergebiet in dem die zu bewässernden Flächen liegen. Häufig sieht man nun auf der Talseite die Schieber, durch die das Wasser entnommen wurde. Bei genauem Hinsehen entdeckt man vereinzelt auch noch die kleinen Gräben mit denen das Wasser im Grundstück verteilt wurde.
Bevor die Suone bei Chermignon d‘en bas die Straße erreicht endet die Wanderung und auch das Wasser der Suone wird in einen großen Speicherteich abgeleitet. Im Teich wurde das nachts zufließende Suonenwasser zwischengespeichert um es während des Tages auf die landwirtschaftlichen Flächen zu leiten.
Dank
Die Wanderung entlang der Grand Bisse de Lens erfolgte gemeinsam mit dem Suonenexperten Johannes Gerber. Er hat während der gemeinsamen Wanderung auf viele Details hingewiesen. Dank seinem reichen Wissen rund um die Suonen informierte er umfassend zur Geschichte und zu den bautechnischen Details. Eine knappe Zusammenfassung rund um Zweck, Bau und Bedeutung der Suonen gibt es hier.